Sandzahl, die von Archimedes berechnete Zahl der Sandkörner, die das Universum füllen können. Die Sandzahl wurde von den Griechen als Synonym für die Unendlichkeit benutzt. Archimedes beginnt seine Abhandlung mit den Worten: "Es gibt Leute, König Geleon, die der Meinung sind, die Zahl des Sandes sei unendlich groß [...] Andere glauben zwar nicht, dass die Zahl unendlich sei, aber doch, dass noch keine Zahl genannt worden sei, die seine Menge übertreffen könnte."* Archimedes hatte bei seiner Berechnung der Zahl der Sandkörner zwei Probleme zu lösen. Zum einen musste er das Volumen des ►Universums herausfinden. Zuvor aber - und das war das größere Problem - musste er eine Methode finden, die Zahl der Sandkörner überhaupt auszudrücken. Die Griechen kannten nämlich keine Dezimalschreibweise. Die größte Zahl, die griechische Mathematiker verwenden konnten, war eine Myriade Myriaden, in heutiger Schreibweise hundert Millionen (100.000.000 bzw. 108). Archimedes fand einen Trick, der erst mehr als zweitausend Jahre später von ►Georg Cantor in der Mathematik der transfiniten ►Ordinalzahlen wieder aufgegriffen wurde. Er bezeichnete diese höchste bekannte Zahl, also 108, als "Zahl erster Ordnung" mit einem eigenen Zahlzeichen, wie ω (Omega). Nun machte er ω wiederum zur Einheit von Zahlen zweiter Ordnung und zählte mit dieser neuen Einheit weiter. Er konnte nun bis 1016 zählen, was eine neue Einheit ω2 ergibt. Daraus bildete er die Einheit für Zahlen dritter Ordnung ω3 und so fort. Die Idee, eine Zahl, also eine Vielheit, zur Einheit zu machen und damit genauso weiter zu zählen wie mit der Einheit selbst, war für das damalige Zahlenverständnis revolutionär. Von hier bis zur Erfindung des Dezimalsystems (s. ►Zahlensystem) wäre es nur ein kleiner Schritt gewesen - jedoch, was fehlte, war die Zahl Null. Diese war zwar von indischen Mathematikern schon lange vorher erfunden worden, wurde aber erst von den Gelehrten des Islam tausend Jahre später als Basis von Zahlensystemen in Europa eingeführt. Archimedes verwendete für den Radius des Universums die Entfernung von der Erde zur Sonne, die er allerdings zu groß schätzte. So gelangte er zu der Zahl 1063 für die Anzahl der Sandkörner, die im Universum Platz haben. Diese Menge Sand kommt zufälligerweise der heute bekannten Materie im ►beobachtbaren Teil des Universums, der 1078 Atome enthält, relativ nahe. * Archimedes, Sandrechner, aus Klassiker der exakten Wissenschaften 213, Leipzig 1925
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