Christentum, monotheistische Religion mit Glauben an eine Dreieinigkeit Gottes in Gottvater, Jesus Christus und Heiligem Geist.

Das Christentum ist mit ca. 2 Milliarden Anhängern die größte Religion der Erde. Es basiert auf Lehren des jüdischen Rabbiners Jesus von Nazareth und spaltete sich unter dessen Nachfolgern als eigenständige Religion vom Judentum ab. Die meisten typisch christlichen Konzepte, etwa die Erbsünde, wurden nicht von Jesus selbst, sondern erst von späteren Religionsführern gelehrt. Der Glaube an die Gottgleichheit Jesu und an die Dreieinigkeit entstand erst Jahrhunderte nach der Religionsgründung und wurde auf dem Konzil zu Nicäa (325) zum Dogma erklärt. Der Dreieinigkeitsglaube unterscheidet die christliche von allen anderen monotheistischen Religionen. In der Tat betrachten Muslime das Christentum deshalb oft als barbarische Vielgötterei.

Zentrales Gebot der Lehren Jesu war die Liebe zum Nächsten. Im Widerspruch hierzu entwickelte sich die christliche Kirche zu einer der brutalsten ideologischen Institutionen der Menschengeschichte. Die Verfolgung von Nichtchristen begann bereits kurz nachdem das Christentum im 4. Jahrhundert römische Staatsreligion geworden war. Sie fand mit den sieben Orientkreuzzügen 1025 bis 1291 und den begleitenden Massakern an Einwohnern andersgläubiger, aber auch christlicher Städte ihren vorläufigen Höhepunkt. In Europa lebende Juden fielen christlichen Pogromen zum Opfer, Frauen der Hexenverfolgung, Abweichler der Inquisition. Allein der spanische Inquisitor Torquemada verurteilte zwischen 1460 und 1498 fast hunderttausend Menschen zu einem langsamen Tod auf den Galeeren und ließ zehntausend lebendig verbrennen. Die Christianisierung von Südamerika kostete Millionen der Ureinwohner das Leben. Sklaverei wurde von der Kirche in Wort und Tat befürwortet, eigene Kirchensklaven noch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts gehalten.

Das Christentum bewirkte einen tiefen Einschnitt in der Entwicklung von Kultur und Wissenschaft. Schriften der antiken Philosophen wurden teils von christlichen Eiferern zerstört, teils aber auch in Klosterbibliotheken gesammelt und so der Nachwelt erhalten. Erst die Bewegungen der Aufklärung und des Humanismus, aber auch das absolutistische Staatsverständnis ab dem 17. Jahrhundert boten der Kirche Widerstand und verdrängten sie schließlich aus den weltlichen Bereichen. Seitdem hat die christliche Kirche nach und nach eine positivere Rolle in der Welt eingenommen. Die Trennung von Kirche und Staatsmacht gab dem Christentum eine Chance zur inneren Reform und zur Rückbesinnung auf die ursprünglichen christlichen Werte.

Zurzeit entwickelt das evangelische Christentum in Europa einen immer abstrakteren Gottesbegriff und tendiert in die Richtung einer atheistischen Religion. Der gegenteilige Prozess ist in den Ländern der Dritten Welt zu beobachten. Dort ist das Christentum mit weitem Abstand vor Islam und Judentum die am schnellsten wachsende Religion. Während vor hundert Jahren nur etwa 10% aller Afrikaner Christen waren, lag der Anteil 2003 bei 46%. Einige christliche Sekten fallen wieder durch besondere Grausamkeit auf, etwa die Lord's Resistance Army des christlichen Mystikers Joseph Kony in Norduganda, die nach Erkenntnissen des internationalen Gerichtshofs 1,6 Millionen Menschen durch Terror in die Flucht getrieben und zwanzigtausend Kinder versklavt hat. Ähnlich schnell wie in Afrika, jedoch ohne blutrünstige Begleiterscheinungen verbreitet sich das Christentum in den ärmeren Ländern Südostasiens. Hierbei haben die konservativsten Richtungen, wie Katholizismus oder Pfingstbewegung, wegen ihrer intensiven Missionstätigkeit den meisten Zulauf. Nach Hochrechnungen wird es im Jahr 2050 drei Milliarden Christen geben.

Das christlich-jüdische Weltbild der Bibel sieht kein unendliches Universum vor. Vielmehr ist die Welt endlich und allseitig von Wasser umgeben. Der Himmel ist ein Gewölbe, welches das Wasser davon abhält, auf die Erde zu fallen. Dies entspricht genau dem Weltbild der Babylonier, das dem Autor der Genesis offensichtlich als Vorbild diente. Im 13. Jahrhundert übernahm die christliche Kirche das Weltbild des Ptolemäus, im 19. Jahrhundert akzeptierte sie das kopernikanische Weltbild und im 20. Jahrhundert – zumindest außerhalb der USA – das geltende naturwissenschaft­li­che Weltbild.

Die christliche Lehre besagt keineswegs, wie oft angenommen wird, dass die menschliche Seele nach dem Tode das ewige Leben im Himmel erlangt. Nach der evangelischen Eschatologie war dies bisher erst einem vergönnt, nämlich dem Religionsgründer Jesus. Alle anderen Verstorbenen müssen auf den Jüngsten Tag warten. An diesem Tag werden die Toten von der Posaune des Jüngsten Gerichts aus ihren Gräbern gerufen. Dieses Gericht ist keins, wie wir es kennen, sondern der Endkampf zwischen Gott und Teufel. Die Analogie zu einer Gerichtsverhandlung wäre vielleicht eine Prügelei zwischen Verteidiger und Staatsanwalt. Da Gott jedoch zugleich Richter ist, steht der Ausgang bereits fest (der Teufel verliert). Die Anhänger Gottes treten dann in dessen Reich ein, wo das ewige Leben auf sie wartet. Nach der chiliastischen Lehre, der einige christliche Gruppierungen anhängen, geht dem Jüngsten Tag ein irdisches Tausendjähriges Reich unter der Herrschaft Jesu voraus.

Nach der katholischen Eschatologie findet unmittelbar nach dem Tod ein persönliches Vorgericht (Partikulargericht) statt. Hier werden unverbesserliche Sünder sowie Atheisten schon vor dem Jüngsten Tag zu einer unendlichen Zeit in der Hölle verurteilt. Reuige Sünder müssen lediglich die Wartezeit bis zum Jüngsten Tag im Fegefeuer verbringen, wo sie von ihren Sünden gereinigt werden, um dann bereit für Gottes Reich zu sein. Die Fürbitte Angehöriger sowie – im Mittelalter – das Bezahlen von Ablassbriefen kann die Zeit im Fegefeuer verkürzen. Heilige und Päpste hingegen kommen sofort in den Himmel.

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